Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstands nach § 16 OWiG bei Geschwindigkeitsüberschreitung wegen ärztlichem Notfall
KG vom 11.05.2018, 3 WS B 140/18
Ob sich ein Verkehrsteilnehmer bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf den Rechtfertigungsgrund des Notstands nach § 16 OWiG berufen kann, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Im Falle eines ärztlichen Notfalls sind die Interessen an der Einhaltung von Verkehrsvorschriften und die Behandlungsbedürftigkeit der erkrankten Person gegeneinander abzuwägen. Es kommt deshalb entscheidend auch darauf an, welche Gefahren mit der Einhaltung der unzulässig hohen Geschwindigkeit im konkreten Fall verbunden waren, ferner darauf, wie die allgemeine Verkehrslage und Verkehrsdichte zur Tatzeit waren. Auch ist im Hinblick auf die den übrigen Verkehrsteilnehmern drohenden Gefahren der Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit der Vorrang jedenfalls dann einzuräumen, wenn der durch die Geschwindigkeitsüberschreitung erreichte Zeitgewinn gering ist und zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer außer Verhältnis steht.